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Segeltörn zwischen den Ostfriesischen Inseln

Sonnenuntergang im Wattenmeer

Von Harlesiel bis Borkum und zurück

Nach langer Zeit noch einmal auf der Nordsee segeln, danach hatte ich mich schon lange gesehnt. Am liebsten wäre ich raus nach Helgoland gesegelt um dort eine Nacht zu bleiben und auf dem Rückweg ggf. noch eine Ostfriesische Inseln zu besuchen.

Aber wie so ist: Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.

Der Törn war so geplant, das Christoph und ich samstags hoch nach Harlesiel fahren wollten und von dort aus am Sonntag mit meinem ehemaligen Segellehrer Dennis Pelka von der Segelschule Harlesiel aufzubrechen. Dennis hatte mir erzählt, dass er neues Boot habe: Eine 11m Stahlyacht – Rundspanter mit einem Hubschwert von 800 kg. Unsere Neugier war geweckt.

Der Samstagmorgen kam langsam und ich hatte die halbe Nacht wegen Halsschmerzen wach gelegen. Super.. das konnte ich noch brauchen. Nach einigem Hin- und Her fuhr ich dann zum Arzt und erklärte ihm, dass es sicherlich lächerlich sei, mit ein bisschen Halsschmerzen und leichtem Fieber einen Doc aufzusuchen, aber bei der Gefahr, ggf. drei Tage keinen Arzt besuchen zu können, war mein Gedanke lieber auf Nummer Sicher zu gehen. Die Entscheidung war dann wohl auch gut so, denn der Arzt stellte – nachdem ich mir die Frage, ob ich denn in den letzten Tagen in der Staaten oder Mexiko gewesen wäre (Schweinegrippe), anhören durfte – eine eitrige Mandelentzündung fest. Ich holte mir dann entsprechend Penicillin aus der Apotheke und es konnte mit leichter Verspätung losgehen.

Um 15:00 Uhr standen wir bei Dennis an der Segelschule – die er für unseren Törn drei Tage lang schloss – und er fragte uns: „Sollen wir heute schon los? Wir könnten um 18:00 Uhr durch die Schleuse.“ Auch wenn wir noch keine Fressalien gekauft hatten und eigentlich gar nicht richtig angekommen waren; die Entscheidung fiel binnen Sekundenbruchteilen: Klar wollten wir noch los. Ich fühlte mich zwar etwas „matschig“, aber bei der Aussicht aufs Wasser zu kommen, ging es mir direkt besser.

Also wurde im Schnellverfahren eingekauft: Lebensmittel aus dem Supermarkt, eine neue Gasflasche von der Tankstelle, dann noch schnell die Klamotten, Schlafsäcke, etc. holen und aufs Boot. Dennis gab uns die obligatorische Sicherheitseinweisung und jedem eine Rettungsweste mit Livebelt und schon wurden die Leinen gelöst und es ging raus zur Schleuse.

Da Helgoland aus verschiedenen Gründen ausschied, schlug Dennis uns vor, im Wattenmeer so weit in Richtung Holland zu segeln, wie wir unter der Rahmenbedingung am Dienstag zurück zu sein, kommen würden. Das klang doch schon mal verlockend.

Der Plan für den Abend wurde kurz besprochen und einstimmig verabschiedet: Hinter dem Steindamm von Harlesiel nach Backbord abfallen und schauen wie weit wir mit dem Hochwasser kommen. Und wenn es denn dann abläuft: Trockenfallen. Da die Yacht über nur einen Meter Tiefgang (bei eingezogenem Schwert) und über eine flache Bodenplatte aus Stahl verfügt, war sie ideal für solche Aktionen geeignet.

Trockengefallene Fahrwassertonne

Mit dem Hochwasser passierten wir dann das Watt zwischen dem Festland und den Inseln Spiekeroog und Langeoog. Dann kam das Wattenhoch bei Baltrum und das Echolot zeigte am Prickenweg beängstigende Werte an. 1,2 m... 1,1 m... 1,0 m... 0.9 m... 0.8 m und wir spürten die ersten sanften Grundberührungen. Dennis hatte bereits vorher das Schwert ein paar Zentimeter herausgelassen, um die Möglichkeit zu haben, nach dem Festkommen das Boot noch auf dem Schwert zu drehen und ggf. sich wieder ein paar Zentimeter Wasser zu verschaffen. Nun war die Stunde der Wahrheit. Mit dem Bootshaken wurde die Wassertiefe rund um das Boot gelotet. Dies hatte den Zweck, herauszufinden, ob wir ggf. auf einer Kante stehen oder auf der einen Seite festen und auf der anderen schlammigen Untergrund haben. Schließlich wollten wir ja, dass das Boot gerade stehe und nicht umkippe. Der Grund erwies sich als okay und so warteten wir denn darauf, dass das Wasser abfließe. Eine ideale Gelegenheit, um unsere drei Fertigpizzen in den Gasofen zu schieben. Die rote Fahrwassertonne der Winterbetonnung lag schon trocken, als unser Abendessen vertilgt war und wir wieder an Oberdeck erschienen. Bereits wenig später konnten wir das Boot verlassen und es trocken im Watt liegen sehen. Ein eindrucksvolles Bild, die 10 Tonnen Stahlyacht auf dem Trockenen zu sehen. Irgendwie unwirklich und doch majestätisch.

  • Nachts im Watt
  • Ausblick vom Heck
  • Heidi nachts im Watt
  • Wattenlandschaft