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Überführung Bavaria 31: Flensburg nach Breege

Fortsetzung: Überführungsfahrt auf der Ostsee

Gegen 22:00 Uhr kam Felix noch einmal an die frische Luft und setzte sich zu uns – die Gelegenheit nutzend verschwand ich dann auch mal in der Bug-Kabine und legte mich ein hin. Dank der Übermüdung war ich auch sehr schnell im Tiefschlaf. Aus diesem wurde ich dann aber dadurch gerissen, dass ich plötzlich wild durch die Gegend polterte: Ich hatte 1,5 Stunden geschlafen. Also wieder zurück in den Offshore-Anzug und ab an Deck. Hups: Es hatte sich etwas geändert: Dunkel war es noch immer (klar wir hatten ungefähr Mitternacht), aber der Mond strahlte und so konnte man von hinten die Wellenberge angerauscht kommen sehen, die uns wie ein Fahrstuhl nach oben hoben und versuchten das Boot quer zu stellen. See und Wind hatten offensichtlich in den letzten Stunden zugenommen.

Da ich wieder da war, konnte sich Felix wieder verkriechen.

Gegen 2:30 Uhr passierten wir dann die Landspitze bei Gedser und schwenkten auf einen mehr nördlichen Kurs um, um auf Klintholm zuzulaufen. Schön zwischen dem Verkehrstrennungsgebiet und dem Ufer. Dadurch hatten wir die See nun von mehr von der Seite, was die Bewegungen des Bootes nicht gerade ruhiger machte. Zwischendurch rauschten auch die ersten 3m-Brecher heran.

Carsten und ich hatten eine interessante Strategie entwickelt. Wir träumten von leckerem Essen – denn seit dem Frühstück in Flensburg hatten wir lediglich paar Müsli-Riegel, kleine Stücke Kuchen und eine Tasse Tütensuppe gegessen. Was wäre eine Curry-Wurst-Fritten jetzt toll gewesen! Als ich gegen 3:00 wieder einmal einen aktuellen Ort in die Seekarte eintrug, machte ich mich auch mal auf die Suche nach der Karte mit Klintholm, schließlich wurde es Zeit einen genaueren Kurs abzustecken, Nach zehn Minuten war mir klar: Wir hatten KEINE Karte von Klintholm an Bord! Und mein privater (veralteter) Kartensatz ging nicht so weit in den Norden. Super! Also disponierten wir um: Kurs-Änderung und direkt non-stop nach Rügen. Einmal gekoppelt zeigte, dass wir das mit nur 5 kn Speed gut schaffen würden.

Also änderten wir wieder die Richtung gen Osten und fuhren auf Rügen zu.

Beim zu durchquerenden Verkehrstrennungsgebiet hatten wir echtes Glück. Grad als wir es erreichten, war eine Lücke in der Perlenschnur der großen Schiffe, durch die wir schlüpfen konnten. Die Wellenberge hatten nun eine „normale“ Höhe von 2,5-3 Metern und regelmäßig kamen dann ein paar Kaventsmänner mit 4 Metern angerauscht.

Unsere zwei Seekranken purzelten also schön durchs Boot, während wir mit der Müdigkeit und dem Hunger kämpften.

Es war ein schaurig schönes Erlebnis: die Naturgewalten mit den schäumenden Wellenbergen, der extreme Wind und trotzdem eine angenehm laue Nacht ohne Regen und Wolken. Ein wirklich einmaliges Erlebnis – wenn da nicht der Hunger gewesen wäre! Wir träumten von Ravioli in der Dose, die auf uns warteten, von Curry-Wurst-Fritten und anderen Leckereien…. aber mehr als mal ein Müsliriegel zwischendurch war nicht drin. Denn heiße Suppe bei dem Wellengang zu kochen, wollten wir doch nicht wagen.

Für – oder besser – gegen die Müdigkeit hatte Carsten eine schöne Strategie entwickelt. Mit dem Rücken ans Schapp gelehnt konnte man gut mal 10 Minuten dösen, während der andere am Steuer stand.



Die Seenotretter: DGzRS