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Abenteuerurlaub

Schwedenreise 2012, wir immer einhand im Folkeboot- Fortsetzung

 

Tücken

2. Juli: Middelfart - Langør, wolkig, die Schauer gehen woanders runter, abends Sonne, Südwest um 5, später abflauend und ostdrehend

In der Morgensonne im Fænø Sund hält ein Motorboot auf mich zu, der Bäcker bringt frische Brötchen, vielen Dank, ich hab schon gefrühstückt. Die Fahrt ist anfangs zügig und ereignisarm, an der Südspitze von Samsø flaut es ab, brist wieder auf, flaut wieder ab, ich überlege hin und her zwischen Kolby Kås, Ballen und Langør, zwischen geduldig segeln und genervt motoren. Als dann ein schöner Ostwind aufkommt, habe ich längst die Segel gestrichen und bin zu faul, sie wieder auszupacken.

So weit zu den Tücken des Windes. Tückisch ist allemal auch der verkrautete Grund in der flachen Ankerbucht.  Als ich letztes Mal hierwar, konnte ich mit dem slippenden Anker ein gigantisches, schlickiges Büschel Seegras aufholen, was für ein Sauerei, das Deck war voll und meine Klamotten ein Fall für die Waschmaschine. Danach war ich beherzt auf die Häuser zugefahren, bis im flachen Wasser Sand zu erkennen war, und da hatte ich sicher geankert. Diesmal suche ich gleich diese Stelle, aber da müssen wohl ein paar Zentimeter weniger Wasser in der Bucht sein: resigniert lasse ich den Anker fallen und ahne schon, dass ich es mir hätte sparen können, weil ich auf Grund sitze. Es gelingt mir aber, mit dem Außenborder das Schiff zu drehen und freizubekommen, und dann wird es bei dieser Wahl zwischen Pest und Cholera eben der krautige Grund. Der Ostwind frischt nicht weiter auf und der Anker hält. Trotzdem war’s ein kleiner Dämpfer: ich wollte doch so gerne alles perfekt machen, hielt mich für besonders clever, und jetzt stehe ich da wie der letzte Idiot. Egal, morgens hab ich das vergessen.

 

Vorschiffparty

3. Juli: Langør - Grenå, Südwest 3, Sonne und Affenhitze

Es gibt Landratten, die sich Segeln immer so ganz und gar entspannend vorstellen. An diesem Tag haben sie ausnahmsweise mal recht. Kein Wind für lange Schläge, und so lande ich mal wieder in Grenå, schon zum dritten Mal dieses Jahr, allmählich lerne ich den Hafen zu schätzen. Beim ersten Besuch hier war ich entsetzt über den Mangel an Atmosphäre, nun habe ich schon einen Stammplatz ganz innen bei der Bunkerpier. Und Grenå liegt einfach strategisch günstig an einer Küste, wo es weit und breit keine Alternative gibt.

Unterwegs mache ich es mir auf dem Vorschiff gemütlich, ausgestreckt in der Sonne, korrigiere gelegentlich mit einer Leine zur Pinne den Kurs. Kaum Wind, aber gut fünf Knoten über Grund, diese Strömung sollte mir auf der Rückreise noch einen Tag vererben, aber heute gefällt sie mir ausgezeichnet.

Im Hafen ist brütende Hitze. Nach dem Essen beschließe ich, noch eine kleine Molenrunde zu drehen und mich dann an die Aufarbeitung meines Schlafdefizits zu begeben, da taucht ein junger Deutscher auf und findet es „cool“, dass ich einhand unterwegs bin. Als er sagt, dass er morgen nach Brasilien fahren will, weiß ich gleich: ein Schnacker! Leider bin ich in freundlicher Mensch, und so zieht sich das Geschnacke bis kurz vor Mitternacht hin, den einen oder anderen Whiskey gibt’s drauf zu.

 

Umwege

4. Juli: Grenå - Varberg, schwach umlaufend, Sonne

Unausgeschlafen und leicht verkatert, aber dennoch früh und voller Tatendrang beginnt der Tag. Heute spielt der Motor die Hauptrolle. Zwischen Grenå und Anholt wird gerade ein neuer Offshorewindpark gebaut. Im Mai bin ich da noch durchgesegelt, nichts ahnend bei einer Sichtweite von einer knappen Meile, da hab ich nicht schlecht gestaunt, als ich plötzlich von einer Unzahl gelber Fässer oder Sockel oder Wasweißich umgeben war. Inzwischen ist dort Sperrgebiet, und die Koordinaten der Ecktonnen hängen in Grenå am Hafenbüro aus. Der direkte Weg nach Anholt ist blockiert, aber es handelt sich um keinen großen Umweg. Trotzdem erlebe ich gleich die Nachteile: frühmorgens (gähn! unausgechlafen!) ist erstmal kein Wind, und als dann etwas östliches aufkommt, könnte ich den Kurs nördlich an Anholt vorbei laufen, den Kurs südlich am Sperrgebiet vorbei nicht. Ich motore also weiter und weiter, acht Meilen vor Anholt wird mit Nordkurs gesegelt, bis dieser Wind einschläft, dann wieder um das nordwestliche Riff herum motort, dann wieder mit Nordwestwind gesegelt: mal mit fünf Knoten, dann mit zwei, dann wieder mit fünf. Der Weg zu den ersten Schären (Malö) ist nur fünf Meilen länger als nach Varberg, ich bin versucht, mich dorthin zu quälen, aber die größere Höhe kostet Speed und Nerven. Am Ende motore ich wieder, als die Sonne untergeht und die Seebrise einschläft, um halb elf bin ich im Hafen. Ich kann wirklich nicht behaupten, dass es ein toller Segeltag war, aber in vier Tagen bis Varberg finde ich ziemlich wacker, zumal es fast noch nach weiter nördlich gereicht hätte. Für den Hafen gilt ähnliches wie für Grenå: nicht wirklich super, aber günstig gelegen, und man bekommt immer einen Platz, sogar spätabends in der Hauptsaison.

 

 

Fortsetzung