Segelberichte, Törnerzählungen, www.segel-berichte.de

Kykladen-Törn, Fortsetzung

Die Marina vpn Mykonos
"Marina Mykonos"

Seite 3

 

Am nächsten Morgen rief der Skipper zuerst beim Vercharterer Kiriakoulis in Athen an. Dort war man sehr kurz angebunden und sagte, man würde einen Monteur schicken. Das Gespräch war kurz. Wir hatten keine Gelegenheit die Vorfälle im ganzen Umfang zu berichten. Der Skipper und ich machten uns nun auf den Weg zur Hafenpolizei im Ungewissen darüber, was uns dort erwartet. Wir machten uns Gedanken, wer für den Motorausfall und die Reparatur verantwortlich ist, wer die Schleppkosten zu tragen hat und ob unser Vorgehen richtig und berechtigt war. Im Büro der Hafenpolizei mussten wir zunächst etwa eine Stunde warten, bis jemand kam, der zuständig ist. Das Büro war oberhalb einer Bar in einem Haus am alten Hafen untergebracht. Der Putz kam an einigen Ecken von den Wänden, das Inventar war alt und sehr verbraucht. Auf einem Schrank stand ein Fernseher, der pausenlos lief. In einer anderen Ecke entdeckte ich ein riesiges, uraltes, hellgraues Funkgerät, mit dem man wahrscheinlich letzte Nacht mit uns gesprochen hatte. Eine hübsche junge Polizistin in weißer Uniform kam schließlich in das Büro und stellte sich uns vor. Sie war recht energisch und ernst. Der Skipper erzählte nun die ganze Geschichte. Mehrmals fragte die Polizistin nach, ob wir nur um allgemeine Hilfe oder definitiv um Schlepphilfe gebeten hatten. Im griechischen Seerecht ist dies wohl ein wichtiger Unterschied. Dann rief sie bei Kiriakoulis in Athen an, wobei sie energisch und laut am Telefon zeterte. Dann wies sie uns darauf hin, dass wir uns in jedem Hafen bei der Hafenpolizei hätten an- und abmelden müssen, verfolgte diese Verfehlung unsererseits aber dann nicht weiter und wandte sich wieder der Sache zu. Sie erklärte uns die weitere Vorgehensweise. Ein Monteur müsse kommen und den Schaden beheben. Ein amtlich anerkannter Sachverständiger müsse die Reparatur begutachten und das Boot für seetauglich erklären. Danach könnten wir weiterfahren. Bis dahin blieben alle Papiere bei der Hafenpolizei.

Als wir zurückkamen war der Monteur schon wieder weg, kam aber später noch mal wieder. Zuerst hatte nur er einen Tragekasten mit verrosteten und vergurkten Schraubenschlüsseln dabei. Beim zweiten Mal brachte er etwas mehr Werkzeug mit, das aber auch eine Zumutung war. Zuerst hieß es, die Einspritzpumpe sei defekt. Später baute er den von mir geprüften Absteller aus und probierte daran herum. Er baute das Teil wieder zurück, ließ den Stecker aber ab und ließ den Motor starten. Er sprang an. Mit Fetzen von Englisch versuchte er mir etwas zu erklären. Und nach einiger Zeit durchschaute ich die ganze Geschichte. Bei dem Volvo Penta Bootsmotor oder wahrscheinlich bei allen Bootsdieseln funktioniert der Absteller genau anders rum als in PKW-Dieselmotoren. Das heißt in stromlosem Zustand ist die Kraftstoffzufuhr frei und in bestromtem Zustand gesperrt. In der Steuersäule sitzt ein Taster, der zum Abstellen des Motors betätigt werden muss. Bei betätigtem Taster wird Spannung an den Absteller gelegt. Der Taster wird so lange gedrückt, bis der Motor aus ist. Wird der Taster losgelassen, wird die Spannung wieder weggenommen und der Motor ist bereit zum Neustart. Durch einen Kurzschluss in der Elektrik war nun also Dauerplus an dem Absteller und deshalb konnte der Motor nicht anspringen. Der Monteur behob den eigentlichen Schaden nicht, sondern ließ einfach den Stecker ab und zeigte mir einen Hebel an der Einspritzpumpe, mit dem man den Motor manuell abstellen kann. Das war es. Und ich war so nah dran gewesen. Nun rief Kiriakoulis an und beschwerte sich, dass wir nicht alles beim ersten Telefonat berichtet hatten. Er hatte ja in unserem Beisein mit der Hafenpolizei telefoniert. Der Skipper erklärte ihm, dass wir ja keine Gelegenheit dazu bekamen. Er teilte uns mit dass der Fischer 7.000,- € für das Abschleppen von ihm verlangt und sagte uns, dass am nächsten Tag ein Gutachter mit der Schnellfähre aus Athen kommt. Der Gutachter kam wie versprochen, überzeugte sich davon dass der Motor zuverlässig läuft, verweigerte aber seine Freigabe, da in der Motorbilge zu viel Wasser stand. Er entdeckte noch eine undichte Seewasserpumpe. Dies hatten wir auch schon selber gesehen und jeden Abend hatten wir etwa 15 Liter Wasser aus der Motorbilge gepumpt. Noch einmal kam Vasili der Monteur und zog zwei rostige Schlauchschellen nach. Das hatte ich mir nicht getraut aus Angst, sie würden überdrehen oder einfach auseinander fallen. Und wieder kam der Gutachter und gab nun sein o.K. Der Skipper griff sich sofort den Gutachter und schliff ihn zur Hafenpolizei. Wir hatten gehofft, dass es jetzt zügig geht, aber bei der Hafenpolizei wollte man noch einen schriftlichen Bericht auf Griechisch, der aus den englischen Ausführungen des Skippers, die er nun zum zweiten Mal erzählte, übersetzt wurde. Dies dauerte noch einmal drei Stunden.

Am Abend konnten wir dann endlich auslaufen. Es war wieder Flaute und Kithnos konnten wir wegen der zwei Tage Ausfall vergessen. Wir haben die Nacht durch motort, es wehte kein Lüftchen. Am nächsten Morgen um 10:00 Uhr liefen wir in Athen in die Marina ein und machten am Steg von Kiriakoulis fest. Es war Freitag und am Samstag war die Übergabe. Da wir stets eine Zeitreserve von drei Tagen vor uns hergeschoben hatten, kamen wir pünktlich an. Wir machten uns Sorgen wegen der Übergabe. Man bot uns an, die Übergabe am Nachmittag zu machen, damit wir am Samstag in Ruhe zum Flughafen gelangen konnten. Zum großen Erstaunen des Skippers verlief die Übergabe vollkommen problemlos. Man fragte uns nur, ob wir noch weitere Defekte am Boot festgestellt hätten. Der Skipper erwähnte pflichtbewusst die Logge, eine beschädigte Vorschiffbeleuchtung (das nicht benötigte und lose Spifall hat sie vom Mast geschlagen) und einige andere Dinge. Anschließend verschwanden die beiden in dem Büro, dort bekamen wir die volle Kaution und 600,- € wegen der zwei Tage Ausfall zurück.

Kiriakoulis hat sich unserer Meinung nach korrekt verhalten. Man hat sich mit dem Fischer auf 4.500,- € geeinigt. Auf die Abschleppkosten hat man uns nicht weiter angesprochen. Die Bavaria 46 war fünf Jahre alt und genau genommen in vielen Dingen überholungsbedürftig und zum Verchartern nicht mehr geeignet. Ich denke, die Miss Helena wird bei Kiriakoulis ausgemustert werden. Ein so altes Boot werden wir in Zukunft nicht mehr chartern.

Abschließend können wir sagen, dass uns dieser Ärger weder die Stimmung noch den Törn verdorben hat. Vielmehr haben wir reichlich neue Erfahrungen gesammelt. Die Flautentage waren da viel ärgerlicher gewesen.

 

Thomas Ellerbrock

 

Dankenswerter Weise wurde dieser Bericht von Rolf Dreyer zur Verfügung gestellt
Yachtschule Rolf Dreyer   

 

Mehr über Segeln im Mittelmeer

Ein lehrreicher Kykladentörn
Törn und Segeln in den Kykladen, Athen, Mittelmeer
Schiffsübernahme und Überführung von Kroatien nach Rügen
Tagebuch einer Schiffsübernahme und Überführung von Kroatien nach Rügen
Gebirgssegler Cup 2008
Langstreckencup von Primosten nach Trogir
IZ-Cup 2008
IZ-Cup 2008 Voitsberg 2 17. bis 20. Mai Verlängerung bis Freitag, 23 Mai nachempfunden von Heinz Trost
Ein Erlebnisbericht über die Überführung unserer Stahl Yacht RELIANT
Ein Erlebnisbericht über die Überführung unserer Stahl Yacht RELIANT. Sie ist eine Stahlyacht von 1986 und stand seit 2005 auf Trockendock in Kroatien.