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Kiel – Oslo – Göteborg, (fast) einhand gesegelt - Fortsetzung

Segelbericht Seite 3

Südwärts

Am Sonntag, 22.7.01, verließ ich Oslo. Es war der 17. Tag der insgesamt 43-tägigen Reise. Sein Ablauf gibt ganz gut den Reisestil wieder. Der Morgen begann unfreundlich, der Himmel war verhangen und es regnete. Das störte mich nicht, bei einer so langen Reise scheint die Sonne oft genug. Nach einem ausgiebigen Frühstück – übrigens decke und schmücke ich auch für mich alleine den Tisch gerade so, als ob ich großen Besuch erwarte – habe ich bis zum späten Vormittag gelesen. Als die Stadt sich wieder gefüllt hatte, kaufte ich mir eine Zeitung und setzte mich in ein Café. Um 15.40 Uhr, nachdem ich am gegenüber liegenden Steg Wasser gebunkert hatte, lief ich aus. Laut Logbuch begann es ab 16.15 Uhr wieder zu regnen (siehe oben), ab 18.00 Uhr nur noch als Nieseln. Schönes Kreuzen durch den Oslofjord unter Groß und Genua. Der Wind, der zunächst mit 4 – 5 aus SSE geweht hatte, drehte etwas recht und liess ein wenig nach. Um 20.20 Uhr fest in Drøbak. Drøbak ist eine wirklich hübsche, idyllische Kleinstadt. Kopfsteingepflasterte Straßen führen an schön herausgeputzten kleinen alten Häusern vorbei, vor deren Fenstern Blumen blühen. Ein kleiner Markt bietet nicht nur frische Lebensmittel, sondern auch etwas Trödel. Die Welt ist in Ordnung. Ich frühstückte – der Leser ahnt es – in einem Straßencafé. Am Nachmittag frischte der S-Wind auf. Da ich wenig Lust hatte, im offenen Teil des Oslofjordes stärkeren Seegang gegenan zu haben, lief ich wiederum Horten an. Auf der Hinreise hatte ich im alten Hafen kostenlos gelegen, das erhoffte ich jetzt wieder, doch leider vergebens. Inzwischen hatte meine Frau ihren Spanienurlaub (vorzeitig) beendet, um mit mir noch gut zwei Wochen lang segeln zu können. Den Abschnitt Göteborg – Kiel wollten wir gemeinsam zurücklegen. Das hatte für mich zwei Konsequenzen: Zum einen blieb mir nur noch gut eine Woche für die westschwedischen Schären, das mehr oder weniger ziel- und zeitlose Bummeln war damit vorüber. Zum anderen wollte ich mein Schiff, das ich innen immer sehr gepflegt hatte, bis zur Ankunft meiner Frau auch außen auf Hochglanz bringen. Während die Außenhaut stets im Winterlager poliert worden war und einen guten Eindruck machte, hatte ich bei den Aufbauten und dem Spiegel in den vergangenen Jahren sehr geschlampt. Das Gelcoat war so matt geworden, dass ich bereits befürchtete, es mit eigenen Mitteln nicht mehr hinzukriegen und mit einer größeren Werftreparatur rechnete. Allen, die (wie ich) das ständig fortschreitende Ermatten ihres Gelcoats mit stiller Verzweiflung beobachten, zum Trost: Man braucht keine Maschinen, man braucht keine Kraft und auch nur wenig Zeit – ein Poliermittel mit kleinen Schleifpartikeln und ein Beutel Polierwatte reichen aus. Das Poliermittel mit Watte auftragen und nach kurzem Antrocknen erneut mit Watte drüberreiben. Ich bin – weiß Gott – kein Heimwerker, körperliche Arbeit ist nicht gerade meine Liebe. Aber mit welch geringem Aufwand ich mein inzwischen sieben Jahre altes Schiff, mit dem ich über 14000 sm gesegelt bin, wieder auf Hochglanz bringen konnte, das war einfach sagenhaft.

 

Fortsetzung: Kiel-Oslo-Göteborg (Rolf Dreyer), S. 4

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