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Ein lehrreicher Kykladentörn

Ankerbucht
Ankerbucht

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Am Samstag, dem 2.10.04, brachen wir zu einem 14-tägigen Törn in die Kykladen auf. Ankunft in Athen und Taxifahrt zur Marina klappten prima. Die Fahrt vom Flughafen zur Marina dauerte etwa 45 Minuten und kostete 35,- €. Das Boot Miss Helena, eine Bavaria 46, war schnell gefunden, da die halbe Crew schon an Bord war. Einkaufen, Wasser bunkern und am nächsten Morgen los. Die Sicherheitseinweisung und die Rollenverteilung wurde sehr gewissenhaft durchgeführt. Doch vorher musste noch ein Monteur kommen, da die Öldruckkontrolle nach Motorstart nicht aufhörte zu blinken. Der Monteur tauschte den Öldruckschalter am Motor. Kurzzeitig war die Lampe dann auch aus, ging aber später wieder an. Wir ließen den Motor ca. 30 Minuten bei 1600 Touren laufen. Er lief vollkommen normal. Bei zu wenig Öldruck hätte der Motor in dieser Zeit hin sein müssen. Wir gingen deshalb von einem Anzeigefehler aus und beschlossen, keine weiteren Verzögerungen hinzunehmen und endlich auszulaufen. Zunächst das Schiff kennen lernen, Steuerverhalten unter Motor und Boje über Bord für alle. Meine Funktion war diesmal Co-Skipper.

Gegen Nachmittag brachen wir dann bei leichter Brise unter Segel zu einer 15 sm entfernten Bucht auf. Wir hatten vor zu ankern, fanden jedoch in der Bucht eine freie Boje, an der wir festmachen konnten.

Der Wetterbericht kam vom deutschen Wetterdienst via SMS aufs Handy und kündigte für den nächsten Tag Nord 6 mit Böen 7 an. Wegen der Böen entschied der Skipper, in der Bucht an der sicheren Boje zu bleiben. In der Tat zerrte das Boot unter dem Winddruck heftig an der doch recht billigen Plastikboje, weshalb wir die Leine später an die Kette unter der Boje legten. Der Wetterbericht änderte sich auch am nächsten und am übernächsten Tag nicht und wir verbrachten drei Tage in dieser Bucht. Mein Vorschlag, ein paar Segelmanöver innerhalb der doch sehr weiträumigen Bucht zu fahren, fand keinen Anklang.

Für den 4. Tag war der Wetterbericht besser. Zwar weiterhin Starkwind aber ohne Böen. Wir entschieden morgens um 04:00 Uhr auszulaufen, um am späten Nachmittag auf der etwa 70 sm entfernten Insel Milos anzukommen. Draußen stand eine enorme Welle von etwa 2,5 Meter, die von schräg hinten anlief. Der Kurs war Süd mit Wind aus Nord. Die Welle rollte unter dem Boot her und ständiges massives Gegensteuern war nötig, um das Boot auf Kurs zu halten. Wegen der Gefahr einer Patenthalse rollten wir das Groß wieder ein und liefen nur mit Genua um die 8 Knoten. Kurzeitig waren Spitzengeschwindigkeiten von 11 Knoten am GPS abzulesen. Die Logge funktionierte leider nicht immer. Mehrmals rauschte eine Welle von hinten in das Cockpit und machte uns nasse Füße. Früher als erwartet liefen wir in die sehr weiträumige Bucht von Milos ein. Das Anlegen unter Buganker mit dem Heck zum Kai klappte gut und wir waren stolz auf diese Tagesleistung. Mir wurde unterwegs nicht wirklich schlecht aber etwas unwohl. Trotz der derben Schaukelei brachten zwei Stunden Halbschlaf in der Koje Abhilfe. Das laute Rauschen und Gurgeln des Wassers am Bootsrumpf störte mich nicht.

Der nächste Tag gehörte der Insel, dann Weiterfahrt nach Ios unter Motor (wegen Flaute). Bei der Ankunft auf Ios war es schon stockfinster und wir haben uns vorsichtig in eine unbefeuerte Bucht hinein getastet, wo wir dann ankerten. Am nächsten Vormittag weiter nach Naxos – immer noch Flaute. Unterwegs haben wir zwei Delfine und eine Mönchsrobbe gesichtet (toll). Die nächste Station sollte eigentlich Santurin sein,

wegen der drei Tage Starkwindpause am Anfang war dies aber nicht mehr umsetzbar. Neues Ziel war Mykonos, endlich wieder Wind und ich war heute „Skipper of the Day“. Ablegen, Segel setzen, alles klappte prima. Die Crew war inzwischen gut eingespielt. Es war eine Tagesreise und wir kamen wie geplant an. Das Festmachen in der trostlosen und schlechten Marina von Mykonos gestaltete sich jedoch extrem schwer. Warum? Es war einfach kein Platz. Die Boote lagen vollkommen wirr und ohne Regelmäßigkeit teilweise längsseits am Kai, im Päckchen oder mit dem Heck zum Kai und Buganker. Langsam inspizierte ich die Marina. Ich hatte schon beschlossen, ins Päckchen zu gehen. Das schien mir am einfachsten und war ja auch üblich. Aber unser Skipper entdeckte dann doch eine Lücke, in die ich uns reinquetschen sollte. Wieder mit Buganker und Heck zum Kai. Noch nie gemacht, so was. Zuerst fuhr ich rückwärts an den Kai, der aus Beton, sehr hoch und mächtig war, und setzte ein Crewmitglied ab um eine Person an Land zu haben. Dann der erste Anlauf – parallel zu einem großen Dreimaster fuhr ich rückwärts. Es schien alles gut zu gehen und ich war schon dabei zu entspannen, als von vorne der Ruf kam: "Der Anker hält nicht". Also Anker wieder rein und noch einmal. Beim zweiten Versuch hielt der Anker wieder nicht. Und noch viel schlimmer: Beim Einholen des Ankers sah ich wie plötzlich wie die Ankerkette des Nachbarn anfing zu zucken. Langsam wurde ich nervös, doch der Anker kam schließlich frei. Inzwischen standen wir aber schon schräg in der Lücke mit dem Heck Richtung Dreimaster. Es war keine Fahrt mehr im Boot und damit auch keine Ruderwirkung. Der Radeffekt des Saildriveantieb war gegen mich und der Wind aus Süden drückte uns längsseits an den Kai.

Es gelang auch dem Skipper nicht, mit der Maschine wieder aus der Lücke heraus zu kommen. Wir drehten uns auf der Stelle. Ich disponierte schnell um und ließ alle Fender an Steuerbord anbringen. Dies setzte die Crew in wenigen Sekunden um und mit einem Mal lagen wir zwar ganz anders als geplant jedoch ohne einen Kratzer und sicher längsseits festgemacht an dem Kai. Später verholten wir das Boot von Hand.

Letztendlich hatten wir aus der aussichtslosen Lage durch schnelles Umdisponieren und blitzartiges Arbeiten der Crew mit den Fendern das Beste gemacht und waren am Ende auch etwas stolz, das Boot ohne Feindberührung festgemacht zu haben.

 

Fortsetzung Kykladen-Törn, Seite 2