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Einhandtörn von Sandhamn nach Makkum

15.15 Uhr: Lese mit Vergnügen in Richard Prechts Buch. Beim Teekochen singe
ich. Macht Spaß :-) 

16.50 Uhr: Bald bin ich 48 Stunden unterwegs. 48 Stunden? Es kommt mir länger vor. Vielleicht ob der bereits zwei durchgemachten Nächte und der anstehenden dritten Nacht. Inzwischen liegt der Übersegler auf dem Kartentisch von nördlich Bornholm/Hanöbucht bis Gedser, einschließlich Mön und Rügen. Bekanntes Gebiet! Der Wind lässt nach, wir kommen langsam voran. Nach der 21.00 Uhr Wettervorhersage muss ich mich entscheiden, ob ich rund Skagen gehe oder durch den Kanal. Jetzt, wo es so gemütlich läuft, kann ich mir auch Skagen rund vorstellen. Aber der Wind muss ein bisschen mitspielen.

17.30 Uhr: Neuer Kurs 222 Grad Richtung SO-Zipfel von Schweden.

19.30 Uhr: Die Logge steht auf 255 sm. Etmal 125 sm. Auf der Karte vermutlich wiederum entsprechend mehr. Bin jetzt zu faul, das nachzumessen. Viele Urlaubserinnerungen unterhalten mich. Details, wie z.B. das gemeinsame Abtrocknen nach dem Essen auf dem Boot, das mir irgendwie Spaß gebracht hat…

21.05 Uhr: Deutschlandfunk, Wetter: Kattegatt 2 bis 3 Beaufort aus NO, Skagerak umlaufend 2 bis 3 Beaufort. Südliche Ostsee immerhin 4 bis 5 aus NO. Ich bin jetzt nördlich von Bornholm. Bei 2 Windstärken kann Skagen rund zur Geduldsprobe werden. Schließlich will ich auch ankommen. Kann mich aber nicht entscheiden. Eigentlich hatte ich mir rund Skagen vorgenommen.

22.45 Uhr: Anruf von Dagmar, die jetzt auf Dienstreise in Transsylvanien unterwegs ist: Der Vater von Kim und Nhung ist gestorben! Kim fliegt nach Hanoi. Nhung will auch. Ruck zuck bin ich aus meiner entrückten Welt zurück geschleudert nach Bonn. Dagmar ist gestresst. Ich auch.  Oh je. Damit ist die
Entscheidung gegen Skagen eigentlich gefallen.

00.30 Uhr: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste – pflegte mein Lateinlehrer immer zu sagen. Recht hat er! Vor der „Freiwache“ noch mal gewissenhaft auf’s Radar geschaut – siehe da, wieder mal ein Schiff, das ohne AIS unterwegs ist. Ein Treibnetzfischer. Ist ja beruhigend, dass das mit dem Radar so gut funktioniert, denn im Stockdunklen alle 30 Minuten den ganzen Horizont nach schwachen Positionslampen abzusuchen ist weder sonderlich vergnüglich noch
zuverlässig.

03.30 Uhr: Ölstand geprüft. Nun ja, während andere Menschen zu dieser Uhrzeit sanft im warmen Bett schlummern, hänge ich schaukelnd bei Schräglage bäuchlings kopfüber im Motorraum. Aber nur keine Klagen, das ist selbstverschuldet!! Nächstes Ziel ist Mön! Noch laufe ich aber Richtung Westen entlang der südschwedischen Küste an Ystad und Trelleborg vorbei.

04.15 Uhr: Die Entscheidung, durch den Kanal zu gehen, ist endgültig gefallen. Ich werde zu Hause erwartet, und alleine durch den Kanal zu schleusen ist schließlich auch kein Pappenstiel, wenn man’s noch nie gemacht hat. Also bin ich mit meiner Entscheidung einigermaßen im Reinen.

05.20 Uhr: Ein Riesen Frachter zieht dunkel dicht an uns vorbei. Es ist ein gespenstischer Anblick, da dieses Teil schnell, gigantisch, fast lautlos und unbeleuchtet ist. Dank AIS habe ich die Situation aber gut unter Kontrolle. Ohne AIS – nicht auszudenken. Nachts ist der genaue Kurs solcher Monster mit bloßem Auge eben kaum auszumachen. Ich nähere mich der Ansteuerung des Öresunds, jetzt kommen die Schiffe praktisch aus allen Richtungen. Das sorgt für Aufregung und Abwechslung. Die Nacht vergeht darum schneller als die beiden zuvor. Bin mit Kurs Kiel zufrieden, auch diese Strecke bietet reichlich Herausforderungen!

08.00 Uhr: Mön Klint ist in Sicht! Damit bin ich nun erst einmal auf vertrautem Revier! Hier bin ich zuletzt von Kopenhagen kommend alleine vorbeigesegelt. Dennoch: Bin müde und es ist wie jeden Morgen verdammt kalt. Gegen 17.00 Uhr werde ich auf Höhe Gedser sein, wenn es so weiterläuft. Wenn ich vorher noch zum Schlafen komme, traue ich mir zu, direkt nach Kiel zu weiterzusegeln! Das sollte klappen. Entlang der Küste von Falster habe ich schon manches Nickerchen gehalten.

09.05 Uhr: Sichte den ersten Segler seit gut 350 sm! Endlich – was das für einen Unterschied macht, nicht mehr nur umgeben von stählernen Seemonstern, sondern auch mal unter seinesgleichen zu sein!

10.00 Uhr: Hier ist ja richtig was los! Drei Segelyachten sind auf einmal zu sehen. Und viel Berufsschifffahrt, vor allem Fähren von und nach Skandinavien. Wind ist abgeflaut. Sitze draußen und lese. Sonne. 

 

Fortsetzung des Einhandtörns