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Segeltörn zwischen den ostfriesischen Inseln

  • Sonne über dem Meer
  • Leuchtturm Norderney

Fortsetzung

Mit dem Tiedenkalender errechneten wir, dass die Heidi gegen 4:00 Uhr morgens wahrscheinlich wieder aufschwimmen und wir den Weg fortsetzen konnten. Also stellten wir unsere Wecker entsprechend und so ziemlich zeitgleich mit dem Gepiepse der Wecker hörten wir Dennis auch schon die Maschine anlassen. Er war wieder einmal ein paar Minuten eher aus den Federn gekrochen und hatte die Gezeiten beobachtet. Während Dennis am Ruder stand und aufpasste, bereiteten wir das Frühstück. Der Tag hatte begonnen.

Mit den ersten schwachen Zeichen und Lichtern der Dämmerung folgten wir dem Prickenweg weiter und ließen Baltrum bald zurück. In herrlichem goldenen Morgenlicht konnten wir Segel setzen und die morgendliche Stimmung in der Einsamkeit des Wattenmeeres genießen. Nur das Plätschern der Wellen und das Geschrei der Möwen war um uns herum.

Norderney zog langsam an uns vorbei und Dennis informierte uns über das Riffgatt zwischen Norderney und Juist, welches bald vor uns auftauchen würde. In dieser Verbindung des Wattenmeeres mit der offenen Nordsee hatten bereits viele Boote Ihr Ende gefunden. Durch die hohe Dünung, die sich in den Sandbänken zwischen den Inseln bricht, musste man bei recht geringer Wassertiefe mit hohen Wellen rechnen. Oft kommt es in diesem Gebiet zu recht kräftigen Grundsehen, die ein Boot mit aller Heftigkeit auf Grund durchschlagen lassen. Der Wetterbericht vermeldete für die Deutsche Bucht Winde um 6, was heißt, dass es im Riffgatt schon mal unangenehm werden könnte und man sehr vorsichtig sein müsse. Auf gar keinen Fall sollte man wagen, den Tonnenstrich zu verlassen und „abzukürzen“.

Als wir in dem Gebiet ankamen, sahen wir was Dennis gemeint hatte. Der Horizont war weiß vor lauter sich brechender Wellen und die Strömung versetze uns heftig zur Seite. 20° Vorhaltewinkel war keine Seltenheit! Aber bei max. 1-2 Meter Wellen, in die das schwere Stahlschiff sanft eintauchte und weiße Wasservorhänge über das Vorschiff verteilte, passierten wir das Gebiet ohne besondere Vorkommnisse.

Dennis am Bug

Während wir Juist neben uns hatten wurde beratschlagt, wie denn der Tag verlaufen sollte. Alternative eins war: Juist anlaufen und dort einen schönen Inseltag zu verbringen. Alternative zwei bestand im Anlaufen von Borkum, was wir mit diesem Hochwasser sicherlich nicht mehr schaffen würden, da vor Borkum auch noch ein Wattenhoch auf uns wartete. Juist hätten wir bereits gegen 11:00 Uhr erreichen können, da wir uns aber aufs Segeln gefreut hatten einigten wir uns auf Borkum und dort dann auf ausgedehnte Abendspaziergänge.

Noch in unseren Diskussionen über den Tagesverlauf vertieft tauchte hinter uns eine weitere Yacht auf, die offensichtlich den gleichen Weg wie wir hatte. Sofort entfachte in Dennis das alte Regattafieber. Früher hatte er so ziemlich alle Regatten in seinem Heimatrevier für sich entscheiden können. Und da man Skippern eh nachsagt, dass sofort eine Regatta startet, wenn nur ein leere Flasche im Wasser treibend in Sicht kommt, kam es wie es kommen musste...

Bereits nach 10 Minuten stand fest: Das andere Boot war schneller als wir. Dennis erkannte, dass es sich um eine Reinke handelt, die aufgrund der Fock am Baum sehr hoch am Wind laufen konnte, was mit seinem Boot nicht möglich war. Der Knickspanter holte immer mehr auf und der Ehrgeiz unseres Skippers wuchs und wuchs. Die Segel wurde nachgetrimmt und wir entschieden uns sehr kurze Schläge zu fahren, um die ablaufende Gezeitenströmung in der Fahrwassermitte besser auszunutzen. Die Besatzung der Reinke dagegen entschied sich für sehr lange Schläge, deutlich höher am Wind und auch tiefer in die Flachwasserregionen hineinzusegeln. Es wurde ein richtiges Duell. Wir schienen keine Schnitte gegen die andere Yacht zu haben, bis wir dann auf einem parallelen Kurs feststellten, dass wir offensichtlich unseren Vorsprung ausgebaut hatten. Unglaublich. Dennis hatte es wieder einmal geschafft – genau so kannten wir ihn von früher. Nach ein paar weiteren kurzen Schlägen war klar: Wir hatten die Nase vorn und Dennis bemerkte in seiner trockenen norddeutschen Weise zu der „Miniregatta“ zwischen seinem Rundspanter und dem fremden Knickspanter: „Fische sind ja auch nicht eckig.“. Wir krümmten uns vor Lachen. Aber Dennis durfte sich diese Bemerkung erlauben, denn während unseres letzten Segeltörns mit ihm, hatte er selbst noch eine Reinke 10M.

 

 




Die Seenotretter: DGzRS