Als ich nun das Fahrwasser in Richtung Norden beim Leuchtturm Dornbusch verlasse herrschen ideale Segelbedingungen. West 3-4 bei Kurs Richtung Norden, das Boot läuft mit 5-6 Knoten. Bei diesem Wetter will ich endlich richtig segeln anstelle in den Fahrwasser rum zu dümpeln, nehme meine ursprünglich geplante Rügen-Umrundung wieder auf und erreiche Kap Arkona locker in zwei Stunden. Ich schlage den Kurs Richtung Saßnitz ein, schaffe damit zwei meiner ursprünglich geplanten Tagesetappen auf einmal und bin wieder voll im Plan der Umrundung.
Dies war der schönste Segeltag der Woche mit raumen Wind, 37 sm in 8 Stunden. Dieser Tag entschädigte für die voran gegangenen drei Tage.
Am nächsten Tag hoffte ich auf das gleiche Segelwetter und plante von Saßnitz nach Gager aufs Mönchsgut. Zunächst lies es sich mit W2-3 auch ganz gut an. Um Mönchsgut herum schlief der Wind jedoch völlig ein und ich motorte dann bis Lauterbach um ein paar Seemeilen für den nächsten Tag zu sparen. Der Wetterbericht stand schon wieder auf Regenschauer für Donnerstag und Gewitter für Freitag!
Die Schauer an den ersten beiden Segeltagen hatten mich jeweils am Nachmittag erwischt. Bei zweifelhaftem Wetter sollt man immer möglichst früh raus und die Etappen möglichst vormittags segeln. In Lauterbach wollte ich um 9.00 Uhr raus, musste dann aber erst mal zwei Stagreiter der Fock reparieren.
Draußen herrschte ein Süd 5, in Böen 7. Ich legte sicherheitshalber im Hafen ein Reff ein und ging dann um 11.00 Uhr raus. Ich musste jetzt praktisch 18sm bis Stahlbrode gegenan segeln und teilweise kreuzen. Seglerisch war es trotzdem ein sehr schöner Tag. Ich stellte allerdings fest dass das Folke einen sehr großen Wendewinkel hat mit fast 80 Grad. Vielleicht war mein Segeltrimm auch nicht optimal. So manches Boot in der Nähe segelte mir auf dieser Etappe auf und davon.
Stahlbrode ist ein kleiner Hafen am Strelasund. Optisch nicht so ansehnlich wegen dem Fährbetrieb, aber ich empfand diesen Hafen als letzten Zwischenstopp doch sehr gemütlich und überschaubar.
Am letzten Tag ging es dann den Strelasund hinauf. Das Timing muss passen da die Ziegelgrabenbrücke um 12.20 Uhr öffnet und dann erst wieder um 17.20 Uhr. Wind SW 2, das Aufkreuzen macht hier keinen richtigen Spaß. Ich setze die Fock und fahre mit Motorunterstützung gegen an. Dafür erreiche ich die Brücke bereits um 11.00 Uhr und segle dann im Hafenbereich noch ein/zwei Male auf und ab.
Um 12.15 Uhr drängeln sich dann 5-6 Boote unmittelbar vor der Brücke, auf der gegenüberliegenden Seite bringt sich ein kleinerer Frachter vor der Brücke in Position. Die diesseitigen Yachten machen in der Mitte Platz und drücken sich am Rand herum. Um 12.20 Uhr geht die Brücke hoch, es spritzen ein paar kleinere Yachten von Gegenüber durch das Loch gefolgt von dem Frachter. Als ich die Brücke passiere regnet es mal wieder und ich motore durch den Nordhafen und hinüber nach Altefähr.
Alles in Allem war es ein gelungener Törn. Binnen einer Woche durfte ich alle Wetterlagen genießen. Das Folkeboot ist seglerisch sicherlich die richtige Wahl, wenn man auf Wohnkomfort und Rollgenua verzichten kann. Dabei handelt es sich schon um eine sportliche Angelegenheit: es kostet Kraft, wenn man zum Segelsetzten und –bergen schnell durch das tiefe Cockpit und über die durchgehende Travellerschiene springen muss, auf dem Vorschiff dann feststellt dass man den Vorliekstrecker im Cockpit nicht gelöst hat, sowie schnellstmöglich wieder ins Cockpit zurück und über die Travellerschiene jumpen muss weil sich die Pinne grundsätzlich ganz in Luv hinter dem Cockpit-Süll festhakt und das Boot mit nur halb gesetztem Groß und starker Kränkung plötzlich mit halben oder raumen Wind losschießt.
Eine navigatorische Zusatzaufgabe ist der Außenborder, dessen 2,5l-Tank für 7 sm reicht. Mithilfe eines 5l-Reservekanisters müssen die Etappen so geplant werden, dass bei der Gefahr von Gewitterschauern oder Flaute in den engen Fahrwassern immer genügend Spritreserve vorhanden und der Außenborder immer rechtzeitig aufgetankt ist. Auf Hiddensee gibt es kein Benzin.
Vielleicht mach ich den Törn nächstes Jahr nochmals. Oder ich fahre mit der Familie an die Adria und nehme ein Boot mit Stehhöhe im Salon und Rollgenua …
Autor: Christian Hummel
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