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Rund Rügen, Folkeboot Einhand 2011

Route Einhand rund Rügen

Nach langer Segelabstinenz wollte ich mein seglerisches Können überprüfen - ohne Zuschauer. Sowohl das Revier als auch das Boot sollten durchaus anspruchsvoll sein, durften aber kein Sicherheitsrisiko beinhalten. Was liegt also näher als ein Törn Rund Rügen mit dem Folkeboot?

Zur Sicherheit hatte ich neben den bordeigenen Karten ein kleines Outdoor-Navi von Garmin dabei, auf das ich die Fahrwasser von „Freie Tonne“ herunter geladen hatte. Das nächste Mal würde ich mir sogar eine BlueChart-Karte leisten. Bei starkem Wind oder starken Regenschauern ist eine Positionsbestimmung in den Fahrwassern anhand der Seekarten nicht zu machen, sofern keine zweite Hand unter Deck zur Verfügung steht.

Vor dem Törn hatte ich je zwei Tagesetappen sowohl links als auch rechts um Rügen herum geplant. Bei der Bootsübernahme kam der Wind kam aus Südost, also ging die erste Etappe unter Segel zur Eingewöhnung nach Barhöft in Richtung Nordwest.

Die Fahrwasser sind betonnt wie eine Autobahn.  Sie  verlaufen jeweils ein/zwei Seemeilen durch Flachwasserbereiche mit seitlich 90cm Wassertiefe, in denen man sich exakt an den Tonnenstrich halten muss. Diese Bereiche wechseln ab mit größeren Bereichen mit 3-4m Wassertiefe, in denen man neben dem Fahrwasser auch mal ein Segelmanöver durchführen kann. Für eine sichere Ortsbestimmung sollten Ortsunkundige tunlichst jede passierte Tonnennummer auf der Karte kontrollieren oder abhaken.

Bei dieser ersten Eingewöhnungsetappe nach Barhöft segelte ich zunächst bei SO 2 Richtung Hiddensee. Bei Tonne 47 nahm ich die Segel für den Anfang komplett weg und motorte die 3-4sm durch das Fahrwasser nach Barhöft. Die Fahrwasserbreite beträgt dort ca. 50m. Am zweiten Tag nach Neuendorf segelte ich dann durch das Fahrwasser mit 30m Breite nur mit der Fock. Dies geht ganz gut bei halben oder raumen Wind. Der Außenborder muss aber jederzeit einsatzbereit sein und bleibt deshalb im Wasser, vorsorglich mit offenem Benzinhahn.

Als besonderes seglerisches Highlight erwischten mich in diesen engen Fahrwassern drei Gewitter. Blitze um das Boot herum, Starkwindböen aus allen Richtungen, immense Regenschauer fast wie Hagel, eine Wasserwand vor dem Bug, die Fahrwassertonnen nicht mehr zu sehen. Das eine Mal kreuzte ich unter der Fock (mit 5-6 Knoten!) in einem „Tiefwasserbereich“ zwischen zwei Tonnen hin und her bis sich das Gewitter verzogen hatte, das andere Mal konnte ich mich ins Kielwasser eines Ortskundigen hängen. Ohne mein Navi allerdings wären diese Situationen sehr gefährlich gewesen. Ich stellte dabei fest dass die Tonnenpositionen der „Freien Tonne“ tatsächlich sehr exakt sind.

Der Wetterbericht hatte diese Gewitter eigentlich erst für den dritten Tag angekündigt. Stattdessen gab es dann am Montag eine Starkwindwarnung mit 6-8 Bft. Da ich kein Sicherheitsrisiko in den engen Hiddenseefahrwassern eingehen wollte saß in Neuendorf fest. Nach drei Tagen hatte ich also noch keine 25sm erreicht. Ich hakte damit im Geiste die Rügen-Umrundung ab und beschloss am Dienstag dann um Hiddensee herum mit dann raumen Wind wieder in die Bodden-Fahrwasser hineinzusegeln Richtung Greifswald.

Am Dienstag also mit 3-4 W ging es dann früh um 8.00 Uhr wieder nur mit der Fock ins Fahrwasser hinein Richtung Norden. Unmittelbar vor Vitte geht es dann über eine kurze Querverbindung Richtung Westen durch eine Engstelle mit nur noch 15m bis 20m Breite. Genau an dieser Stelle – wie konnte es anders sein - erwischte mich der Inselfrachter von hinten, wobei auch noch Segelboot von vorne dabei war. Der Frachter ist so ähnlich wie ein Rhein- oder Donaufrachter, hat aber vielleicht nur 50m Länge. Er hupte einmal kurz, ich drückte mich als Kurshalter an den äußersten rechten Tonnenrand (daneben 90cm Wassertiefe) und der Frachter rauscht mit einem Abstand von 1,20m-1,50m an mir vorbei. Im Schraubenwasser tanzt mein Boot auf und ab und mein Bug nähert sich kurz, aber bedrohlich auf 50cm an sein Spitzgatt-Heck. Während er mich überholte versuchte ich noch an den Foto ranzukommen, um den Unfall wenigstens nachweisen zu können…

 



Die Seenotretter: DGzRS