Segelberichte, Törnerzählungen, www.segel-berichte.de

Mittwoch, 20. Juli 2005. Ein Ruhetag in Zeebrügge. Heute steht eigentlich die Überfahrt nach Dover auf dem Programm, das Wetter ist auch sehr gut, aber der Wind ist leider für uns zu stark, schließlich wären das ca. 80 Meilen /Ca..144 km So wird also ein Ruhetag „verordnet“, auch nicht schlecht. Es wird lande und ausgiebig gefrühstückt bis 11 Uhr .Nun ist auch Zeit, die Rettungsinsel so zu entlüften, dass sie unter die Haube passt, aus der sie „geflüchtet“ ist. Nach viel Arbeit ist sie wieder an Bord und wird festgezurrt. Inzwischen können wir den Liegeplatz wechseln und direkt am Steg anlegen. Nun haben wir auch wieder Strom und können besser von Bord gehen. Darüber hinaus wird das Schiff einer „Generalreinigung“ unterzogen. 14.30 :Kleine Zwischenmahlzeit mit Brot etc. Am späteren Nachmittag gehen Erwin und ich mit Alan einkaufen. Erstes Ziel ist ein Fischladen. Ich weise Alan auf Viktoriabarsch hin , den kenne ich –und der ist im Angebot. Er befolgt den Rat und bestellt: „I need some fish for five hungry men!“ 1.5 kg werden eingepackt, dazu noch für jeden 3 Garneelen , das verspricht einen tollen Abend! Am Abend kommt Besuch an Bord: Bekannte von seiner Weltreise , die er das letzte Mal in Tonga gesehen hat. Unser leckeres Abendessen wird um 19.30 Uhr gereicht, ein Hochgenuss!

Danach ein weiterer Besuch: Der Mann der Frau vom vorherigen Besuch brachte eine Flasche Rotwein mit: Er hat heute Geburtstag. Es wird noch ein langer Abend, erst um 1 Uhr wird ge- schlafen

Donnerstag-Samstag, 21.-23. Juli 2005: Auf nach Dover! Die Abfahrt ist auf 17 Uhr festgelegt. Für mich als „Landratte“ zeigt sich erst einmal, wie sehr Ebbe und Flut auf die Seefahrt Einfluss nehmen. Es ist ja nicht so, dass das Wasser einfach steigt und fällt, das Meer fließt ständig mit ca. 2 bis 2,7 Meilen/Std. ( 3,6 – 5 km/h !). Sollte man also gegen die Tide (so heißt das Fließen) segeln wollen, müsste man praktisch gegen den Strom fahren. Wieder was dazugelernt... So haben wir also viel Zeit zum Waschen und Frühstücken, es gibt sogar frische Brötchen. Noch ein kurzer Einkauf mit Alan am Nachmitmittag, um 15 Uhr noch einen Imbiss ein in Form der Brötchen, die Jürgen massenweise geschmiert hat. Die müssen ja auch für den Abend und die Nacht reichen, vor morgen früh wer- den wir nicht in Dover sein. Nachdem alle Vorbereitungen erledigt sind kann`s losgehen. Übrigens: Beide Sitzbänke im „Salon“ werden mit „Anti-Herausfallplanen“ gesichert ,damit nachts jemand da stundenweise schlafen kann.

Diesmal wird alles an Ölzeug angeogen was greifbar ist: Unterhose-Jogginghose-Gummihose Unterhemd-Hemd- Joggingjacke- Windanorak-,darüber die Rettungweste , Mütze und Kapuze!! 17.15 Uhr: Der Tagestörn beginnt. Zunächst machen wie unter Segeln gute Fahrt, aber der Wind lässt im Laufe des Abends immer mehr nach, gegen 21 Uhr müssen wir den Motor nehmen und diesen für die nächsten Stunden nutzen. Damit das Deck immer genügend besetzt ist, werden Jürgen und Hubert um 23 Uhr zum Schlafen „abgeordnet“, für etwa 3 bis 4 Stunden. Erwin und ich verzichten zunächst auf Schlaf, vielleicht ist auch alles zu aufregend, jedenfalls sind wir nicht müde. Wir suchen verzweifelt den Mond, aber der lässt sich nur sporadisch sehen. Es ist schon ein eigenwilliges Gefühl, so bei Nacht über die Nordsee zu schippern, auch eine tolle Erfahrung. Um 3 Uhr legen wir uns auch hin, zunächst geht das mit der ruhigen Motorfahrt ganz gut, dann aber wird wieder gesegelt so gegen 3.30 Uhr, das Boot liegt schräg und man wird seitlich gegen die Umrandung gedrückt, aber es gelingt bis 6.30 Uhr zu schlafen. Alan hat zwischenzeitlich eine Nudelsuppe bereitet, die im Cockpit verspeist wird. Die Fahrt dauert dann noch bis 11.45 Uhr am Freitag, dann laufen wir nach 18,5 Std. im Hafen von Dover ein. Nach dem Anlegen und Festmachen geht es erst mal zur „Morgenwäsche“,kurz nach Mittag. Das Frühstück ist aber nicht vergessen. Um 15 Uhr wird ein Original-Englisch- Frühstück serviert: Bohnen, Rührei, gebratener Speck, Würstchen, Klößchen, Marmelade, Honig und Toast. Der spätere Nachmittag ist für den „Landgang“ vorgesehen, Jürgen, Erwin und ich machen uns auf den Weg in die Stadt. Natürlich darf ein Besuch in einem Pub nicht fehlen: 3 verschiedene „Halfpints“ (ca. 0,28 l) werden verköstigt und für recht gut erklärt. Nach der Rückkehr noch einen Gang auf die große Mole ,dort beobachten wir die Ausfahrt einer riesigen Katamaran-Fähre. Später gehen wir 3 noch einmal los zu einem indischen Restaurant. Von da aus rufen wir Alan und Hubert an, die dann zu uns stoßen und mit uns essen.Die Zeit in England ist eine Stunde hinter unserer zurück, 23 Uhr zeigt die neue Zeit, das Bett ruft...

Ende der Bettruhe : 9 Uhr am Samstag, 11.30 Uhr Ende des Frühstücks und meiner obligarischen Geschirrspülung, diesen Job habe ich mir „angeeignet“ und lasse ihn mir auch nicht nehmen. Die andern Jungs sorgen dafür für das Schiff... Übrigens gab es feine Eierpfannkuchen! Jürgen , Erwin und ich machen einen weiteren Besuch in der Stadt, gehen hinauf zum Dover-Castle , es lohnt aber wegen der Zeit nicht, die Festung zu besuchen, schade eigentlich. Aber für einen Besuch des Museums reicht es noch, interessant ist das Bronzezeit-Schiff, ein Fund aus den letzten 10 Jahren, stammt aus etwa 1550 vor Christi, ein sehenswertes Teil. Rechtzeitig für die Samstag um 17 Uhr vorgesehene Ausfahrt mit Ziel Brighton finden wir uns wieder an Bord ein. Pünktlich legt die „Karma“ ab ,mit Segeln ist es aber nichts: Es muss mit Motor gefahren werden. Was vor allem bei den Nachtfahrten gut ankommt ist Alans „Service“:

Ein Bounty, Snikkers, Mars, Kaugummi, Kuchen , Kaffee und heiße Schokolade, er weiß uns die Zeit zu verkürzen. Auch mal eine Erbsensuppe mit Würstchen ist im Angebot! Eine Regenwand zieht vorbei, ohne uns zu berühren , ab19 Uhr ist richtig gutes Wette angesagt. Wer angefangen hat , lässt sich nicht feststellen, jedenfalls wird ab 21 Uhr kräftig gesungen. Da  Alan viele Jahre in Shanty-Chören gesungen hat, davon auch lange Zeit in Nienstedt bei der „Frischen Brise“ ,kann er mit vielen Liedern unseren Gesang bereichern. Aber auch alle anderen Bereiche der Musik werden bedient. Bis gegen 12.30 Uhr nachts dauert dieses „Konzert“, - ein wahrhaft großes Erlebnis und ein unvergessliche Abend! Außer Erwin und mir legen sich alle ein wenig schlafen, wir beide machen „durch“. Ab 4 Uhr ist es mit dem guten Wetter vorbei und es mieselt. 6 Uhr früh am Sonntag legen wir im Hafen von Brighton an.

Da erfahren wir vom Skipper, dass es in Sharm el Sheik einen Anschlag mit über 80 Toten gegeben hat: Damit ist unser geplanter Urlaub dort wohl erledigt..

 

Fortsetzung: Ein Schluck für Rassmus