Segelberichte, Törnerzählungen, www.segel-berichte.de

Fortsetzung: Auf den Spuren von Störtebeker

Dienstag, der 28. Juli 2009: Von Barhöft nach Glowe

Ein idealer Segeltag liegt vor uns, als wir um 9 Uhr den Hafen von Barhöft verlassen. Leichte Bewölkung, guter Wind, so dass gleich die Segel gesetzt werden. (Eines heißt „Genua“, aber das wusste ich schon!) In zügiger Fahrt kommen wir gut voran und erreichen zeitweise bis zu 8 Knoten, das sind fast 15 km/h! Die Wellen dürften so um 2 m hoch sein, sieht schon gewaltig aus.

Die Insel Hiddensee liegt rechts von uns, wir fahren nach Norden, an der Spitze biegen wir in östliche Richtung ab und umrunden später Kap Arkona, den nördlichsten Punkt der Insel Rügen. Das so genannte „Tromer Wiek“ ist eine große Einbuchtung an der Ostseite der Insel und am südlichen Ende der Bucht liegt Glowe, unser heutiges Tagesziel. Gegen 15.30 Uhr laufen wir ein. „Erst das Schiff, dann die Mannschaft!“, das kennen wir schon, dann wird Kaffee gekocht und eine Brotzeit mit Kuchen folgt. In einem Supermarkt werden erst mal unsere Vorräte aufgefüllt, es ist schon erstaunlich, was 6 Männer so alles (ver) tragen können. Später gehen Erwin und Albert an einen Kiosk vorm Hafen und ergötzen sich an den letzten beiden Portionen Erbsensuppe, die restlichen vier marschieren 20 min. zu einem Biergarten, dort werden wir gut bedient. Nach der Rückkehr gegen 20 Uhr sitzen wir noch bis um 23 Uhr an Deck und genießen den Abend bei einem (oder mehr?!) Glas Wein.

Gesegelt etwa 30 Seemeilen ( 55 km)
Segelzeit: 6 1/2 Std.

 

Mittwoch, der 29. Juli 2009: Von Glowe nach Sassnitz.

Heute liegt ein etwas kürzerer Törn vor uns: Das Ziel ist Sassnitz, von dort aus wollen wir die „Störtebeker- Festspiele“ besuchen. Gegen Mittag passieren wir DAS Highlight von Rügen: Die Kreidefelsen, zunächst den bekannten „Königsstuhl“, von Kaspar David Friedrich in einem berühmten Bild festgehalten. Weil es hier so schön ist, wird der Anker geworfen und ein großes Diner vorbereitet: Linseneintopf aus der Dose, sehr lecker!! Pfirsich werden als Nachtisch gereicht. Plötzlich ein Klatschen: Rudi ist ins Meer gesprungen, Skipper Matthias tut es ihm nach. Weiter geht es um 14 Uhr und um 15.30 Uhr erreichen wir den doch etwas provisorischen Hafen von Sassnitz. Es soll hier eine Marina gebaut werden, aber die Anfänge sind schon im Wasser versunken. Die Mole sieht sehr mitgenommen aus, hat wohl schon bessere Zeiten erlebt (oder schlechtere?). es gibt auch eine Waschanlage gegen Gebühr, dazu später mehr. Apropos Gebühr: Auch in diesem primitivem Hafen kostet es natürlich auch Hafengebühr. Im Hafengebäude erhalten wir die Nummer von einem Taxi, das wird zu 16.30 Uhr bestellt und soll uns nach Ralswiek bringen. Dort haben wir noch genügend Zeit, in einem großen Biergarten uns bei Bier und Speisen auf den Abend mit Klaus Störtebeker vorzubereiten. Gegen 19.30 Uhr betreten wir die große Arena und sind schon überwältigt von der Bühnenkulisse mit riesigen Felsformationen sowie Gebäuden und einem tollen Blick auf den „Großen Jasmunder Bodden“. Unsere Plätze, die Matthias für uns schon im Januar(!) besorgt hatte, liegen in der zweiten Reihe, direkt an der Bühne. Insgesamt sind etwa 9000 Zuschauer da! Am hinteren Ende liegt malerisch ein Schloss am Waldrand. Die Bühne hat etwa die Größe eines Fußballfeldes. Die Handlung: Es geht heute und in den nächsten zwei Jahren um einige Episoden aus dem Leben der Hauptfigur, die auf spektakuläre Weise dargeboten werden. Es fehlt nicht an Knallen-, Reitereien, ein Junge wird angezündet, er rennt brennend von der Bühne... Insgesamt ein grandioses Spektakel. Auch die See wird durch viele Aktionen in die Handlung mit einbezogen.  Nach Schluss um 22.35 Uhr wartet unser Taxi bereits vor der Tür und bringt uns nach Sassnitz zurück. Ein Schlummertrunk und viel Unterhaltung lässt uns einen langen, aber aufregenden Tag abschließen.

Gesegelt etwa 18 Seemeilen( 33 km)
Segelzeit : 3 ½ Std.

 

Donnerstag, der 30 Juli: Von Sassnitz nach Stralsund.

Der Tag fängt gut an: Da beim Waschraum bereits vier Leute um zwei Wachbecken standen habe ich in der Toilette das Waschbecken benutzt und bin gerade mit Rasieren fertig, da taucht in der Tür eine „Schwester Rabbiata“ auf, einer Dame in den 70-ern, und faucht mich an, sofort den Raum zu verlassen, das wäre hier verboten und sie drohte mir härteste Strafen an ,wenn ich nicht sofort verschwinde. Ihrem Charme war nicht zu widerstehen, ich habe flehend nach Erwin geschaut, er war bereit zu helfen...aber letztlich ging alles gut aus.

Gegen 9.30 Uhr verlassen wir diese gastliche Stätte und nehmen Kurs in Richtung Stralsund. Die Nacht war ziemlich stürmisch, so erwarten uns hohe Wellen, es sieht auch etwas nach Regen aus, also legen wir die Gummikleidung vorsichtshalber an. Es werden die Seebäder Binz, Sellin, Baabe und Göhren passiert, davon sehen wir aber nichts, unser Kurs ist zu weit draußen.

Es herrscht recht guter Wind, auch wenn hin und wieder der Motor zu Hilfe genommen wird. Bei der Einfahrt in den Greifswalder Bodden kommt der Wind von vorn und lässt uns keine andere Wahl. Die Fähre von Stahlbrode nach Glewitz wird passiert und an beiden Seiten ist Land zu sehen. Weit voraus ist schon die neue Brücke von Strahlsund nach Rügen zu sehen, dahinter die alte Zugbrücke... Die Vorstellung, dort gegen Einwurf von Münzen die Durchfahrt zu ermöglichen, ein schöner Traum!! Die nächste Öffnung ist um 21.20 Uhr!!

Ein provisorischer Anleger ist die Stelle, wo es heißt zu warten. Die Zeit reicht für Rudi, ein Abendessen mit Salat und Currywürsten zu bereiten, damit kann man sich schon mal die Zeit totschlagen. Im Hafen finden wir dann einen Platz im „Päckchen“, d.h. an ein anderes Boot vertäut.

Gesegelt etwa 45 Seemeilen ( 83 km)
Segelzeit 9 Std.

 

Freitag, der 31. Juli 2009: Von Stralsund nach Warnemünde

Heute steht uns ein langer Törn bevor, es sollen etwa 10 Stunden werden. Weil unser „Päckchen-Nachbar“ die Öffnung der Brücke um 8.20 Uhr erreichen will, legen  wir um viertel vor acht ab und frühstücken erst draußen auf See. Danach folgen knapp 6 Stunden Segeln vom Feinsten. Ein toller Wind lässt unser Boot bis zu 30 Grad schräg im Wasser liegen. Ein Genuss!! Nach dem Einschwenken auf den Kurs Warnemünde kommt uns der Wind entgegen, also heißt es wieder: Fahren mit Motor. Man kann ja auch kreuzen, aber wir wollen ja vor Mitternacht unser Ziel erreichen... So erreichen wir den Hafen von Warnemünde nach 11 ½ Std um 19.15 Uhr.

Warum stehen so viele Menschen an der Promenade? Warten die auf uns?? Fehlanzeige: In der Warnow-Mündung, etwa 80m entfernt liegt das Kreuzfahrtschiff „AIDA_LUNA“vor Anker. Nachdem unser Schiff festgemacht ist, bewegt sich das Traumschiff und verlässt langsam den Hafen. Ein einmalig schöner Anblick.

Rudi und Albert bereiten das Abendessen vor, Kartoffeln und Spaghetti. Dazu mache ich eine „neue Soße“: Zerlassene Butter, anstelle von Semmelbröseln zerkrümele ich Schwarzbrot, dazu werden klein geschnittene Bockwürstchen mit gebraten. Zwar neu, aber allen hat es geschmeckt.

Gesegelt etwa 65 Seemeilen( 120 km)
Segelzeit: 11 ½ Std.

 

 

Fortsetzung: Törn auf den Spuren von Störtebeker